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KANZLEI FÜR BAU-, ARCHITEKTEN- UND VERGABERECHT

Erhöhte Wertgrenzen für Vergaben im nationalen Bereich in Bayern

Erhöhte Wertgrenzen für Vergaben im nationalen Bereich in Bayern

 

Seit 01.01.2025 gelten in Bayern für Aufträge unterhalb der EU-Schwellenwerte deutlich erhöhte Wertgrenzen für staatliche und kommunale Auftraggeber sowie für juristische Personen des öffentlichen Rechts i.S.d. Art. 105 Abs. 2 der Bayerischen Haushaltsordnung. Folgende Änderungen fanden diesbezüglich statt:

 

  1. Bayerisches Gesetz über wirtschafts- und vergaberechtliche Vorschriften (BayWiVG)

Das Bayerische Gesetz über wirtschafts- und vergaberechtliche Vorschriften (BayWiVG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. Januar 2005 (GVBl. S. 17), das zuletzt durch § 8 des Gesetzes vom 23. Dezember 2024 (GVBl. S. 619) geändert worden ist, ist nunmehr auch vergaberechtlich sehr entscheidend.

Durch das Zweite Modernisierungsgesetz Bayern wurde zum einen das Gesetz selbst in „Bayerisches Gesetz über wirtschafts- und vergaberechtliche Vorschriften (BayWiVG) [statt bisher Gesetz über die Zuständigkeiten zum Vollzug wirtschaftsrechtlicher Vorschriften (ZustWiG)] umbenannt, zum anderen wurde der Teil 3 „Vergaberechtliche Vorschriften“ in dieses Gesetz eingeführt. Explizit ist hier in Art. 20 – Unterschwellenvergaben nunmehr festgelegt:

 

„(1) 1Bei der Vergabe von Liefer-, Dienst- oder freiberuflichen Leistungen, deren voraussichtlicher Auftragswert ohne Umsatzsteuer die Schwellenwerte gemäß § 106 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) unterschreitet, gelten für staatliche und kommunale Auftraggeber folgende Wertgrenzen:

 

  1. ein Direktauftrag ist bis zu einer Wertgrenze von einschließlich 100 000 € ohne Umsatzsteuer zulässig;
  2. eine Verhandlungsvergabe und eine Beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb sind bei Aufträgen unterhalb des Schwellenwerts gemäß § 106 GWB zulässig.

2Das Recht eines Auftraggebers, in einem Vergabeverfahren höhere als die nach Satz 1 maßgeblichen Anforderungen zu stellen, bleibt unberührt.

 

(2) 1Bei der Vergabe von Bauleistungen, deren voraussichtlicher Auftragswert ohne Umsatzsteuer die Schwellenwerte gemäß § 106 GWB unterschreitet, gelten für staatliche und kommunale Auftraggeber folgende Wertgrenzen:

 

  1. ein Direktauftrag ist bis zu einer Wertgrenze von einschließlich 250 000 € ohne Umsatzsteuer zulässig;
  2. eine Freihändige Vergabe und eine Beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb sind bis zu einer Wertgrenze von einschließlich 1 000 000 € ohne Umsatzsteuer zulässig.

2Abs. 1 Satz 2 gilt entsprechend.

 

(3) Aufträge dürfen nicht mit dem Ziel aufgespalten werden, eine Überschreitung vergaberechtlicher Wertgrenzen zu vermeiden.

 

(4) 1Die Abs. 1 bis 3 gelten entsprechend für juristische Personen des öffentlichen Rechts im Sinne des Art. 105 Abs. 2 der Bayerischen Haushaltsordnung (BayHO). 2Im Übrigen bleibt Art. 105 BayHO unberührt.

 

(5) Die Staatsregierung oder das jeweils zuständige Staatsministerium können Näheres durch Verwaltungsvorschrift regeln.“

[Hervorhebungen durch die Unterzeichnerin]

 

Hierdurch werden die bereits seit längerer Zeit angekündigten Bayerischen Wertgrenzen deutlich erhöht. Die Anpassungen der Allgemeinen Nebenbestimmungen (ANBest-P sowie der ANBest-I) ist bereits erfolgt, auch die VVöA sowie die IMBek wurden bereits aktualisiert. Die obigen Wertgrenzen gelten für staatliche und kommunale Auftraggeber wie auch für juristische Personen des öffentlichen Rechts i.S.d. des Art. 105 Abs. 2 der Bayerischen Haushaltsordnung. Fördermittelempfänger müssen sich nach den Bestimmungen der Fördermittelgeber richten.

 

Wichtig ist, dass diese Wertgrenzenregelungen gemäß Art. 21 Abs. 4 BayWiVG bis 31. Dezember 2029 befristet sind.

 

  1. Verwaltungsvorschrift zum öffentlichen Auftragswesen (VVöA)

Die VVöA gilt für staatliche Aufträge.

Bei Liefer-, Dienst- oder freiberuflichen Leistungen ist gemäß Ziffer 1.2 ein Direktauftrag bis zu einer Wertgrenze von 100.000,- € ohne Umsatzsteuer zulässig. Um die Haushaltsgrundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu wahren (was natürlich auch immer notwendig ist), kann beispielsweise eine Markterkundung formlos als Abfrage bei mehreren Anbietern, im Internet oder durch eine ex-ante-Veröffentlichung über BayVeBe stattfinden.

 

Nach Ziffer 1.3 kann eine Verhandlungsvergabe oder eine Beschränkte Aus-schreibung ohne Teilnahmewettbewerb bis zum jeweiligen Schwellenwert des § 106 GWB erfolgen. Es wird jedoch auf die Veröffentlichungspflicht nach § 30 Abs. 1 UVgO hingewiesen. Dieser besagt, dass bei Durchführung einer Verhandlungsvergabe oder einer Beschränkten Ausschreibung jeweils ohne Teilnahmewettbewerb nach der Auftragsvergabe über diese ab einem Auftragswert von 25.000,- € ohne Umsatzsteuer auf seinen Internetseiten oder Internetportalen entsprechend informieren muss (also faktisch eine ex-post-Veröffentlichung).

Bei Bauleistungen wird die Wertgrenze für den Direktauftrag gemäß Ziffer 1.6 auf 250.000,- € ohne Umsatzsteuer festgelegt. Auch hier wird jedoch auf die Markterkundung gemäß obiger Ziffer 1.2 verwiesen.

Die Wertgrenze für die Freihändige Vergabe sowie die Beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb wird auf jeweils 1.000.000,- € ohne Umsatzsteuer festgelegt. Auch hier wird jedoch auf die Veröffentlichungspflicht nach § 20 Abs. 3 und Abs. 4 VOB/A verwiesen. Abs. 3 regelt die ex-post-Bekanntmachung, die auch bei freihändigen Vergaben erst ab 25.000,- € greift, vgl. die Formulierung in der VVöA. Abs. 4 regelt die ex-ante-Bekanntmachung ab einem voraussichtlichen Auftragswert von 25.000,- €.

 

Zudem wurde in Ziffer 2.2 noch ein Satz 2 eingefügt, der besagt: „Bei einem Direktauftrag sind in geeigneten Fällen auch KMU und Existenzgründungen zu berücksichtigen.“

 

Zudem wurden die Ziffern 4.2 bis 4.4 angefügt:

„4.2 Bei binnenmarktrelevanten Aufträgen sind unabhängig von den in Bayern geltenden Wertgrenzen die aus dem europäischen Primärrecht ab-geleiteten Grundsätze der Transparenz und Gleichbehandlung zu beachten. Hinweise zu Voraussetzungen und Rechtsfolgen finden sich in der Mittei-lung der Kommission 2006/C 179/02.

4.3 Die Ressorts treffen für ihren jeweiligen Geschäftsbereich geeignete Vorkehrungen, um sicherzustellen, dass Direktaufträge nach sachlichen Kriterien beauftragt werden.

4.4 §2 Abs. 2 der Vergabestatistikverordnung und § 6 Abs. 1 des Wettbewerbsregistergesetzes sind mangels Vorgaben zu verpflichtenden Verfahrensregelungen bei einem Direktauftrag nicht anwendbar.“

 

Auch hier gilt die Befristung der Ziffern 1.2, 1.3, 1.6 sowie 1.7 bis 31.12.2029.

 

  1. IMBek

Auch die Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern und für Integration über die Vergabe von Aufträgen im kommunalen Bereich vom 31. Juli 2018 (AllMBl. S. 547), die zuletzt durch Bekanntmachung vom 27. Dezember 2024 (BayMBl. 2025 Nr. 11) geändert worden ist (kurz „IMBek“) wurde entsprechend aktualisiert.

Hierin werden die oben dargestellten Wertgrenzen nochmals wiederholt (in Ziffer 1.2.1. sowie 1.2.2.).

Es erfolgt der explizite Hinweis, dass auch bei Direktaufträgen der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten ist und die Manipulations- und Korruptionsgefahr zu minimieren ist.

Die IMBek enthält in Ziffer 1.2.1 nunmehr lediglich Vorschläge, welche Maßnahmen zur Wahrung der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit beispielsweise ergriffen werden können. Diese Maßnahmen sind jedoch nicht verpflichtend. Die Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit muss jedoch berücksichtigt werden.

Auch beim Direktauftrag muss ein Mindestmaß an Dokumentation erfolgen. Der Wechsel der Bieter muss konkret dokumentiert werden (beispielsweise durch das Führen einer Liste nach Nr. 7.1.5 der Korruptionsbekämpfungsrichtlinie). Zudem müssen auch die getroffenen Maßnahmen zur Ermittlung der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit dokumentiert werden.

Auch beim Direktauftrag sind in geeigneten Fällen KMU sowie Existenzgründungen zu berücksichtigen (ergibt sich durch Ergänzung der Ziffer 2.2. der VVöA, die gemäß 1.1.3 IMBek auch für Kommunen anzuwenden ist).

Auch die Binnenmarktrelevanz ist bei Direktaufträgen weiterhin zu prüfen.

Nicht verpflichtend bei Direktaufträgen sind:

  • Ex-ante- und ex-post-Veröffentlichung
  • Anwendung der Teile A, B und C der VOB
  • Datenmeldung an die Vergabestatistik
  • Eine Abfrage zur Eignung der Bieter beim Wettbewerbsregister

 

Bei Verhandlungsvergaben und Beschränkten Ausschreibungen ohne Teilnahmewettbewerb ist bei Bauleistungen ab 250.000,- € netto auch bei Inanspruchnahme der Wertgrenze (von 1 Mio. €) eine vorherige ex-ante-Veröffentlichung verpflichtend. Diese muss über BayVeBe abrufbar sein. Wie bisher, darf die Aufforderung zur Angebotsabgabe sodann erst nach einer 7-tägigen Wartefrist erfolgen.

Im Rahmen von Liefer- und Dienstleistungen ist eine ex-ante-Veröffentlichung nicht notwendig.

In allen Fällen (Bau-, Liefer- und Dienstleistungen) ist bei einer Verhandlungsvergabe oder einer Beschränkten Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb eine ex-post-Veröffentlichung ab einem Auftragswert von 25.000,- € netto notwendig. Diese muss bei Bauleistungen für 6 Monate, bei Liefer- und Dienstleistungen für 3 Monate auf BayVeBe abrufbar sein.

Es sind in den oben genannten Verfahren mindestens drei Bewerber zur Angebotsabgabe aufzufordern (Ziffer 1.5.1). Wichtig ist zudem, dass eine ausreichende Streuung stattfindet, d.h. es ist mindestens ein Unternehmen aufzufordern, dass nicht aus dem gleichen Landkreis bzw. der gleichen kreisfreien Stadt kommt (Ziffer 1.5.2).  Ein Wechsel der Bieter ist zudem vorzunehmen und insbesondere zu dokumentieren. Die Dokumentationspflicht ist umfassend in Ziffer 1.10 geregelt.

Die Sonderregelungen für freiberufliche Dienstleistungen (zuvor 1.11) wurden aufgehoben. Das vereinfachte Verfahren ist aufgrund der nunmehr allgemein deutlich höheren Wertgrenzen nicht mehr notwendig.

 

  1. Allgemeine Nebenbestimmungen bei Bayerischen Förderprogrammen

In den ANBest-P sowie den ANBest-I (jeweils nur die Bayerischen Nebenbestimmungen) wurde Ziffer 3.2, der die Direktvergaben betrifft, wie folgt neu formuliert:

„3.2 Aufträge im Wert von bis zu 100 000 € (ohne Umsatzsteuer) können unter Berücksichtigung der Haushaltsgrundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit direkt vergeben werden.“

Entscheidend ist jedoch bei geförderten Projekten immer der Blick in den Förderbescheid selbst und in die allgemeinen Nebenbestimmungen zum Bescheid. Wichtig ist auch, ob statische oder dynamische Verweisungen vorgenommen worden sind. Sofern Bundes- oder EU-Fördermittel im Spiel sind, greifen deren Nebenbestimmungen.

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